Betriebsspezifische Betreuung als Schlüssel zur wirksamen Prävention
Wenn Unternehmen wachsen, wachsen auch die Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Für Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten schreibt die DGUV Vorschrift 2 eine systematische Betreuung durch Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit vor — die sogenannte Gesamtbetreuung. Diese besteht aus der Grundbetreuung mit definierten Einsatzzeiten und der betriebsspezifischen Betreuung, die gezielt auf die besonderen Verhältnisse im Betrieb zugeschnitten wird.
Gerade die betriebsspezifische Betreuung bietet die Chance, den Standardrahmen zu verlassen und maßgeschneiderte Lösungen zu etablieren. Sie trägt dazu bei, spezifische Gefährdungen wirksam zu steuern, Veränderungen im Betrieb professionell zu begleiten und letztlich die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten langfristig zu sichern. Dies ist in Zeiten von Fachkräftemangel, steigender Arbeitsdichte und zunehmender Bedeutung einer gesunden Unternehmenskultur ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Betriebsspezifische Betreuung als dynamisches Element im Arbeitsschutz
Während die Grundbetreuung in festen Einsatzzeiten pro Mitarbeiter und Jahr berechnet wird, ist die betriebsspezifische Betreuung flexibel und an die tatsächlichen Gegebenheiten des Unternehmens gekoppelt. Sie berücksichtigt unter anderem:
- besondere Gefährdungen (z.B. Lärm, Chemikalien, psychische Belastungen),
- betriebliche Veränderungen (z.B. neue Maschinen, Arbeitsverfahren oder Prozesse),
- gesetzliche Neuerungen,
- Schwerpunktprogramme und Kampagnen,
- sowie die arbeitsmedizinische Vorsorge.
Die DGUV Vorschrift 2 beschreibt die betriebsspezifische Betreuung als eine dynamische Komponente, die regelmäßig angepasst werden muss. Insbesondere bei wesentlichen betrieblichen Änderungen oder neuen gesetzlichen Anforderungen ist es Aufgabe der Unternehmensleitung, gemeinsam mit der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den aktuellen Betreuungsbedarf zu prüfen und die Betreuung daraufhin anzupassen.
Dies eröffnet die Möglichkeit, proaktiv zu agieren und die eigene Organisation immer wieder gezielt weiterzuentwickeln — im Interesse von Sicherheit, Gesundheit und unternehmerischem Erfolg.
Impulse für die Praxis: So gestalten Sie die betriebsspezifische Betreuung wirksam
1. Regelmäßig den konkreten Bedarf ermitteln
Die betriebsspezifische Betreuung darf kein statisches Konstrukt sein. Überprüfen Sie gemeinsam mit Ihrer Fachkraft für Arbeitssicherheit und dem Betriebsarzt regelmäßig, ob sich der Betreuungsbedarf verändert hat — zum Beispiel durch neue Technologien, neue Arbeitsstoffe oder eine veränderte Arbeitsorganisation.
2. Personelle und zeitliche Ressourcen klug planen
Im Unterschied zur Grundbetreuung sind für die betriebsspezifische Betreuung keine pauschalen Zeiten vorgegeben. Daher sollte der konkrete Personalaufwand (Stunden/Jahr) systematisch dokumentiert und zwischen Unternehmer, Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit schriftlich vereinbart werden.
3. Besondere Themen gezielt einbinden
Nutzen Sie die Möglichkeit, bei speziellen Themen (z.B. psychische Belastungen, ergonomische Gestaltung, Wiedereingliederungsmanagement) zusätzlich auf externe Experten mit entsprechender Fachkompetenz zurückzugreifen. Wichtig ist dabei, dass Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit stets informiert bleiben.
4. Relevanz für die Unternehmenskultur erkennen
Gezielt eingesetzte betriebsspezifische Betreuung stärkt nicht nur die Sicherheit, sondern auch die wahrgenommene Wertschätzung und Fürsorgekultur im Unternehmen. Dies zahlt unmittelbar auf Mitarbeiterbindung, Stressreduktion und eine gesunde Unternehmenskultur ein — und macht Ihr Unternehmen für bestehende und neue Fachkräfte attraktiver.
5. Digitalisierung intelligent nutzen
Gerade im Rahmen der betriebsspezifischen Betreuung bieten digitale Tools enorme Chancen — etwa für die Dokumentation von Maßnahmen, für Schulungen, die Nachverfolgung von arbeitsmedizinischen Vorsorgen oder die Kommunikation mit Beschäftigten. Nutzen Sie diese Möglichkeiten gezielt, um die Betreuung effektiv und transparent zu gestalten.
Fazit: Mehr als Pflicht — eine strategische Chance
Die betriebsspezifische Betreuung in Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten ist weit mehr als eine gesetzliche Pflicht. Sie ist eine strategische Stellschraube, um spezifische Risiken systematisch zu steuern, Sicherheit und Gesundheit intelligent in Führungs- und Veränderungsprozesse zu integrieren und ein positives Arbeitsumfeld aktiv zu gestalten.
Gerade in Zeiten, in denen der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeitende hoch ist und psychische Belastungen am Arbeitsplatz zunehmen, kann die betriebsspezifische Betreuung entscheidend zur Attraktivität und Resilienz eines Unternehmens beitragen. Wer sie vorausschauend plant und wirksam umsetzt, leistet nicht nur einen Beitrag zum Arbeitsschutz, sondern stärkt nachhaltig die eigene Unternehmenskultur und Zukunftsfähigkeit.
Die neue Muster DGUV V2 ist hier zu finden