Witterungseinflüsse: Wie schützen Sie Ihre Beschäftigten wirksam?

Offene Werkhallen, Baustellen oder Veranstaltungen im Freien – Arbeiten unter freiem Himmel gehören für viele Branchen zum Alltag. Doch was passiert, wenn Regen, Wind, UV-Strahlung oder Gewitter zur akuten Gefahr werden? Die neue ASR A5.1 setzt hier einen klaren Rahmen und definiert erstmals systematisch, wie Beschäftigte bei Tätigkeiten unter Witterungseinflüssen geschützt werden müssen.

Witterung als unterschätzte Gefahrenquelle am Arbeitsplatz – mit dieser Perspektive verändert die im August 2025 veröffentlichte Arbeitsstättenregel ASR A5.1 das Verständnis von Arbeitsschutz im Außenbereich grundlegend. Erstmals gibt es damit eine verbindliche Orientierung für Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden sichere Arbeitsbedingungen bei nicht allseits umschlossenen Arbeitsstätten oder im Freien bieten müssen. Die Regel schafft Klarheit und Handlungssicherheit – sowohl in rechtlicher als auch in praktischer Hinsicht.

Focus: Witterungseinflüsse als systematische Gefährdung verstehen

Die ASR A5.1 stellt fest: Beschäftigte, die im Freien oder in offenen Hallen arbeiten, sind regelmäßig erhöhten Gefahren durch die Witterung ausgesetzt. Dies betrifft nicht nur den klassischen Bau- oder Außendienst, sondern auch zahlreiche andere Bereiche – von der Außengastronomie über das Greenkeeping bis hin zu Industrieanlagen mit dauerhaft geöffneten Seiten.

Witterungseinflüsse sind dabei keineswegs nur lästig – sie können lebensgefährlich werden. Die Regel benennt vier zentrale Gefährdungsfaktoren:

  1. UV-Strahlung: Ab einem UV-Index von 3 sind Schutzmaßnahmen nach dem TOP-Prinzip umzusetzen. Bei einem Index von 8 oder mehr sind personenbezogene Maßnahmen – etwa durch UV-Schutzkleidung, Kopfbedeckung oder Sonnencreme – zwingend erforderlich.
  2. Niederschläge: Sie erhöhen das Unfallrisiko durch Rutschgefahr, Sichteinschränkungen und mechanische Einwirkungen. Anhand der Warnstufen des Deutschen Wetterdienstes sind klare Handlungsanweisungen vorgesehen – von der wetterfesten Kleidung bis hin zur Einstellung der Arbeiten bei Unwetter.
  3. Windkräfte: Auf Basis der Beaufort-Skala legt die ASR A5.1 abgestufte Maßnahmen fest – von Augenschutz über Sicherungsmaßnahmen bis zum vollständigen Verlassen des Gefahrenbereichs bei orkanartigen Böen.
  4. Blitzschlag: Besonders bei Gewitter sind klare Regeln einzuhalten – etwa die Meidung exponierter Flächen, das Aufsuchen sicherer Orte oder das Abstandhalten von metallischen Gegenständen.

Diese differenzierte Betrachtung ist neu im Arbeitsschutz. Sie macht deutlich: Witterungseinflüsse müssen in der Gefährdungsbeurteilung nicht nur erfasst, sondern auch mit konkreten, wirksamen Maßnahmen adressiert werden.

Focus: Witterungseinflüsse in die Unternehmenspraxis integrieren

Die Umsetzung der ASR A5.1 beginnt nicht auf der Baustelle, sondern im Büro – genauer gesagt bei der Gefährdungsbeurteilung. Arbeitgeber sind verpflichtet, alle relevanten Witterungsrisiken systematisch zu analysieren. Das bedeutet: Temperaturverläufe, lokale Klimabedingungen, saisonale Besonderheiten und Arbeitsplatzkonfigurationen sind zu bewerten und in die Planung einzubeziehen.

Im Zentrum steht das sogenannte TOP-Prinzip, das Maßnahmen in folgender Reihenfolge priorisiert:

  • Technisch: Schutzeinrichtungen wie Überdachungen, Windschutzwände oder temporäre Unterstände.
  • Organisatorisch: Anpassung von Arbeitszeiten, Pausenregelungen, witterungsabhängige Arbeitsplanung.
  • Personenbezogen: Schutzkleidung, Hautschutzmittel, Unterweisungen.

Die ASR A5.1 gibt hierbei nicht nur Empfehlungen, sondern schafft eine rechtliche Vermutungswirkung: Wird sie eingehalten, gelten die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung als erfüllt. Unternehmen erhalten damit Rechtssicherheit – eine nicht zu unterschätzende Ressource angesichts der wachsenden Wetterextreme durch den Klimawandel.

Unterweisungen sind ein zentrales Element: Beschäftigte müssen nicht nur wissen, welche Schutzmaßnahmen gelten – sie müssen diese auch verstehen und umsetzen können. Regelmäßige Schulungen, ergänzt durch praxisnahe Aushänge oder digitale Lernformate, fördern das Sicherheitsbewusstsein nachhaltig.

Focus: Witterungseinflüsse als Teil einer modernen Präventionskultur

Die Integration der ASR A5.1 ist mehr als eine Formalie – sie ist ein Bekenntnis zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Wer heute in Branchen mit Außenarbeitsplätzen tätig ist, muss nicht nur Produktivität und Qualität im Blick haben, sondern auch die klimatischen Bedingungen ernst nehmen.

Ein zukunftsorientierter Arbeitsschutz erkennt: Die Herausforderungen durch Hitze, UV-Strahlung, Unwetter oder Sturm werden zunehmen. Darum empfiehlt es sich, nicht nur die Anforderungen der ASR A5.1 umzusetzen, sondern auch die ergänzenden ASTA-Empfehlungen zu Hitze und Kälte heranzuziehen. Diese bieten praxisbewährte Maßnahmen, auch wenn sie keine rechtliche Vermutungswirkung entfalten.

Unternehmen, die ihre Schutzmaßnahmen konsequent am Stand der Technik ausrichten, schaffen Vertrauen – bei ihren Mitarbeitenden, bei Kunden und in der Öffentlichkeit. Gleichzeitig vermeiden sie Gesundheitsrisiken, Produktionsausfälle und mögliche Sanktionen durch Aufsichtsbehörden.